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Nachrufe auf Prof. Dr. Robert Schweizer

Der BVM trauert um eine herausragende Persönlichkeit. Sein Wirken hat nicht nur unsere Branche geprägt. Im Alter von 86 Jahren verstarb am 3. Januar 2025 unser Ehrenmitglied Prof. Dr. Robert Schweizer.

Wir betrauern damit den Verlust eines langjährigen treuen Beraters, Antreibers und Inspirators und des sicher wichtigsten „Vordenkers“ des Markt- und Sozialforschungs-„Rechts“ im Sinne des rechtlichen Rahmens, seiner Ausgestaltung und Auslegung sowie der zugehörigen Berufsethik.

„Professor Schweizer war nicht nur das lebende Gedächtnis unseres rechtlichen und berufsethischen Rahmens“, sondern hat dies aktiv mitgestaltet und vorangetrieben. Und das nicht nur als loyaler Partner und Berater“, so Dr. Frank Knapp, Vorstandsvorsitzender des BVM. „Es war ihm ein Herzensanliegen, dass seriöse Forschung in Gesetzgebung, Rechtsprechung, Forschung und Lehre nötige Spielräume und Entfaltungsmöglichkeiten erhält und behält. Dafür hat er in Politik, Gesellschaft und Branche engagiert Stellung bezogen, Positionen erarbeitet und durchgesetzt.“

Mit der Verleihung des Ehrenpreises der Deutschen Marktforschung 2007 und der Ehrenmitgliedschaft seit 2015 hat der BVM diesen existenziellen Beitrag für die Branche hervorgehoben. Mit dem Ehrenpreis würdigt der BVM ein Lebenswerk und nachhaltige, herausragende Beiträge für Branche und Verband. Die Ehrenmitgliedschaft wird insbesondere für herausragendes, ehrenamtliches Engagement verliehen.

„Wir verlieren mit Robert Schweizer einen einzigartigen Fachmann, Aktivisten im besten Sinne und Freund,“ so Dr. Frank Knapp. „Diese Lücke ist nicht zu ersetzen, wir sind ihm zu großem Dank verpflichtet und werden ihm ein ehrendes Gedenken bewahren.“

Prof. Dr. Robert Schweizer

Professor Dr. Robert Schweizer studierte Rechts- und Staatswissenschaften sowie Volkswirtschaft. Seit der Gründung seiner Kanzlei 1976 spezialisierte er sich auf Rechtsfragen der Markt- und Sozialforschung, des Presse- und Arbeitsrechts sowie des Unternehmensrechts. Über vier Jahrzehnte war er als Justitiar des BVM tätig und prägte maßgeblich das Rechts- und Ethikverständnis der Markt- und Sozialforschung.

1987 wurde er assoziiertes Mitglied der Geschäftsführung und dann Mitglied des Vorstands von Hubert Burda Media und verantwortete dort den Bereich Recht. Er war langjähriges Mitglied im Deutschen Presserat, mehrfach dessen Sprecher, und Beisitzer im Vorstand und Ehrenmitglied des Verbands der Zeitschriftenverlage in Bayern. An der LMU München war Schweizer seit 1978 Lehrbeauftragter und seit 1994 Honorarprofessor.

Ein Leben für die Marktforschung: Weitere Erinnerungen an das Wirken von Prof. Dr. Robert Schweizer

Ellen Didszus, BVM-Geschäftsführerin von 2007 bis 2019

Prof. Dr. Robert Schweizer…
ein Mentor und Förderer der Marktforschung,

ein unermüdlicher Unterstützer der Branche und des BVM,
ein interessierter Ratgeber mit außerordentlicher Fachexpertise und reichem Erfahrungsschatz – und ein Mensch mit Sinn für Humor.  

Zu Beginn meiner Tätigkeit als Geschäftsführerin des BVM sorgte ein wichtiges Thema für große Diskussionen und Unsicherheiten in der Branche: die Novelle des §30a BDSG, die Rechtsnorm zum geschäftsmäßigen Verarbeiten von Daten zu Zwecken der Markt- und Meinungsforschung.

Bei deren Umsetzung übernahm Prof. Dr. Robert Schweizer eine tragende Rolle im BVM. Durch seine umfassende, fundierte Beratung und Unterstützung war der BVM in der Lage, seinen Mitgliedern diesen komplexen Sachverhalt nahezubringen und zu erklären. Unter seiner Mitwirkung organisierten wir eine BDSG-Roadshow in mehreren Städten Deutschlands. Inhalt dieser Veranstaltung waren die Herausforderungen und Anforderungen des Datenschutzes an die Marktforschung – nach der neuen Rechtsgrundlage einer Erlaubnisnorm für die Marktforschung. Von dieser Norm profitiert unsere Branche bis heute.

Immer wenn es darum ging, dem BVM und seinen Mitgliedern aktuelle Informationen und relevante Entwicklungen rund um die Themen Datenschutz und Standards der Marktforschung zu vermitteln, konnten wir auf die Unterstützung und Expertise von Prof. Dr. Schweizer zählen.

Auch an der Bereitstellung zentraler BVM-Serviceangebote war der Jurist maßgeblich beteiligt: So ermöglichte er dem BVM zum Beispiel die Einrichtung einer kostenfreien "ExpertenserviceLine", um Fragen zu marktforschungsrelevanten Themen zu klären. Außerdem konnten wir dank seines Engagements eine Rechtsberatung für BVM-Mitglieder anbieten. Beide Angebote stehen bis heute Mitgliedern zur Verfügung. Ebenso gab es dank seiner Unterstützung über viele Jahre eine Urteilsdatenbank auf der BVM-Website, mit dieser marktforschungsrelevante Gerichtsurteile abgerufen werden konnten. Unterstützung und Beratung erhielten wir von Prof. Dr. Schweizer auch BVM-intern.

Dies sind nur einige wenige Beispiele für seinen großen Einsatz für unseren Verband und seine Mitglieder. Die Liste ließe sich noch um etliche Punkte ergänzen und fortführen.

Über all die Jahre konnte sich der BVM stets auf seine besondere Fachkompetenz und tatkräftige Unterstützung verlassen.

Ihm lag das Wohl der Marktforschung, der Branche, des BVM am Herzen.

Die Erinnerungen an gute Gespräche und Telefonate mit Tiefgang, Lebenserfahrung und Humor – und dies auch noch nach Ende meiner Amtszeit im Ruhestand, sind ebenfalls bleibend.

Ich bin Prof. Dr. Robert Schweizer zu großem Dank verpflichtet. Er fehlt!

Mein herzliches Beileid an die Familie Schweizer.
Ellen Didszus

Wolfgang Dittrich, BVM-Vorstandsvorsitzender von 2005 bis 2011

Lieber Professor Schweizer,
zu meinem Abschied bei Hubert Burda Media überraschten Sie mich mit zwei Flaschen Rosé-Champagner und bedankten sich überschwänglich für meine Dienste für die deutsche Markt- und Sozialforschung. Die edlen Tropfen genoss ich sehr gerne mit meiner Frau und Freunden, aber den Dank habe ich Ihnen schon damals gerne zurückgegeben: Wenn die deutsche Markt- und Sozialforschung jemandem wirklich etwas zu verdanken hat, sind Sie das. Dafür erhielten Sie vom BVM im Jahre 2007 den Ehrenpreis der Deutschen Marktforschung. Sie waren sehr stolz und beglückt – mit Recht.

Ein paar Jahre vorher – ich war erst seit kurzem Marktforschungsleiter bei Hubert Burda Media, überraschten Sie mich mit dem Wunsch, dass ich mich doch im BVM-Vorstand engagieren möge, „da wäre Einiges zu verändern“, er und Hubert Burda Media würden mich wo möglich unterstützen. Der Chefjustiziar und Vorstandsmitglied eines der führenden deutschen Medienkonzerne äußert also einen Wunsch – der natürlich mit Hubert Burda abgestimmt war. Ein Wunsch, eine Bitte also vom Verleger Hubert Burda selber und einem Vorstandsmitglied und somit von zwei der größten Fans der Markt- und Sozialforschung überhaupt, den man nicht abschlagen konnte. Dieser Wunsch also begründete eine enge Zusammenarbeit mit Ihnen und eine große Vertrautheit über viele Jahre, was mich und meine Karriere sehr geprägt hat – und vielleicht ein wenig die Profession selber.

Ich erinnere mich sehr gerne an die langen Gespräche meist in Ihrem Büro, manchmal auf Ihrem Weg nach Starnberg bei mir zu Hause, immer mit einer Tasse Tee, vielen Anekdoten, Paragraphen und insbesondere geprägt von der Verbundenheit und der Sorge um die Zukunft der Markt- und Sozialforschung. Sie hatten immer Zeit und Muße für mich und für die Marktforschung und den BVM. Sie berichteten von aktuellen Fällen, auch von negativen Urteilen für die Markt- und Sozialforschung, gegen die Sie immer mit ganzem Herzen gekämpft und nach Lösungen gesucht haben.

Ich erinnere mich an den VIP-Bereich auf der jährlichen Gala des damaligen VDZ (Verband Deutscher Zeitschriftenverleger), in dem Sie mit dem damaligen Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble um die „Erlaubnisnorm“ für die Markt- und Meinungsforschung rangen, die dann auch als §30a BDSG Eingang fand, in enger Abstimmung mit Hartmut Scheffler. Die Bedeutung dieses gemeinsamen Engagements der Verbände (was Ihnen ebenfalls ein großes Anliegen war) ist nicht zu unterschätzen.

Besonders stolz waren Sie auch, als dann Ihre Tochter Andrea nicht nur Juristin wurde, sondern sogar in Ihre großen Fußstapfen getreten ist und nun selber als Spezialistin und juristische Beraterin für die Belange der Markt- und Meinungsforschung erfolgreich ist.

Aufhören und ins Rentnerdasein zurückziehen, das war Ihnen natürlich nicht möglich. Bis vor kurzem trafen wir uns beim BVM-Kongress, Sie verfolgten weiter die aktuellen Themen, unterstützten Andrea in kniffeligen Themen und schrieben weiterhin die immer pünktlichen, jährlichen, herzlichen Geburtstags- und Weihnachtswünsche. Die jetzt nicht mehr kommen werden.

Die Profession, die Institute, die Verbände, die Marktforscherinnen und Marktforscher werden Sie sehr vermissen und sich immer an Sie erinnern. Sie werden uns fehlen. Wir wissen nicht, wo wir jetzt stünden, wären Sie nicht immer da gewesen.

Lieber Robert Schweizer, Sie werden mir fehlen, Ihre Erläuterungen, Ratschläge, Ermahnungen, Ihr Drängen, Ihre Wertschätzung. Ich verneige mich vor Ihrer Lebensleistung und vor Ihnen als großartigem Menschen und meinem persönlichen Mentor. Und Sie sehen es mir sicher nach, dass ich in diesem „Abschiedsschreiben“ nur einen ganz kleinen und sehr persönlichen Blick auf Ihre Aktivitäten, Ihre Engagements, Ihre Erfolge werfen konnte. Es gäbe so viel mehr zu erzählen und in der Erinnerung und im Herzen zu behalten.

Herzlichen Dank für alles!
Ihr Wolfgang Dittrich

Ehrenmitglied Klaus-Peter Schulze-Holz

Erinnerungen an einen Weggefährten
Ich habe Robert Schweizer als Verwaltungschef bei Infratest GmbH & Co.KG kennengelernt. Da war er noch nicht „Professor für Rechtssoziologie an der LMU München“. 1968 haben wir beide Prokura bei Infratest GmbH & Co.KG erhalten. Ich war damals Leiter der Abteilung „Zentrale Projekte“. Ich kann mich noch sehr gut an unsere Budgetverhandlungen erinnern: hart und erfolgreich. Die Erinnerung an unsere Zusammenarbeit bei Infratest war in den letzten Jahren, wenn wir uns beim BVM-Kongress trafen, immer wieder ein beliebtes Gesprächsthema. Aber auch für meine Aufarbeitung der Geschichte des BVM hat er sich sehr interessiert. Und genau in dieser Geschichte des BVM ist dem bedeutenden Einfluss von Prof. Dr. Schweizer auf  die Marktforschungsbranche dokumentiert.

Das begann 1974 um die Diskussion eines Bundesdatenschutzgesetzes: Der BVM hatte beim Bundesminister des Inneren „Bedenken gegen das Bundesdatenschutzgesetz“ angemeldet. Der erste Entwurf hätte die Tätigkeit der Marktforschung stark eingeschränkt, wenn nicht unmöglich gemacht. Verhandlungsführer seitens des BVM waren Dr. Emil Bruckert, Dr. Rolf Fröhner unter juristischer Beratung von Prof. Dr. Robert Schweizer. Am 1. Januar 1979 trat das neue Bundesdatenschutzgesetz(BDSG) in Kraft.  ADM und BVM haben es in vielen Sitzungen im Innenministerium erreicht, die für die Marktforschung hinderlichen Regelungen zu verhindern. Entscheidend war dabei vor allen auch der für die Marktforschung in Deutschland gültige IHK/ESOMAR CODEX, in dem die Verwendung personenbezogener Daten festgelegt war. Auf die Bedeutung der Einhaltung von Standesregeln und Richtlinien bei allen Marktforschungsuntersuchungen und auf die Gefahren bei Nichtbeachtung hat Professor Schweizer immer wieder hingewiesen. Noch bevor 2001 der „Rat der Deutschen Markt- und Sozialforschung e.V.“ gegründet wurde, hat Prof. Dr. Schweizer als Rechtsanwalt und/oder als Gutachter diverse Prozesse führen müssen. Auf dem BVM-Kongress 2007 hat er mit seinem Vortrag „Einweisung in das System der Standesregeln und Richtlinien der deutschen Marktforschung“ seine Erfahrungen und Erkenntnisse der Marktforschungsbranche dargelegt.

Und auch hier hatte er „seine Finger im Spiel“: Ein Meilenstein für die Marktforschung war der 3. Juli 2009, als der Bundestag auf seiner letzten Sitzung vor der Bundestagswahl das neue Bundesdatenschutzgesetz verabschiedete. Mit dem neuen § 30a BDSG hat die Republik erstmals eine explizite Gesetzgebung für die Markt- und Sozialforschung. Kurz: Entgegen aller Verschärfungen, die im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens diskutiert wurden, kann die Markt- und Sozialforschung nunmehr auf einer expliziten Erlaubnisnorm basieren, dies unter der klar formulierten Voraussetzung, dass es sich um wissenschaftliche, anonyme Forschung handelt.

Prof. Dr. Robert Schweizer war seit 1985 persönliches Mitglied des BVM. Als Anerkennung seiner Leistungen für die Marktforschungsbranche und den BVM erhielt er 2007 den zum zweiten Mal in der Geschichte des Preises der Deutschen Marktforschung vergebenen „Ehrenpreis der Deutschen Marktforschung“. Auf dem Jubiläums-Kongress2015 wurde Professor Robert Schweizer zum „Ehrenmitglied des BVM“ ernannt.

Ich werde unsere Gespräche vermissen.
Klaus-Peter Schulze-Holz